Angriff der Klonkrieger auf Sevilla

Sevilla, Plaza de España

Wo Wirklichkeit und Illusion zu einem Punkt verschmelzen, dort kann die Fantasie am wirkungsvollsten neue Wirklichkeit erschaffen. Sie tut es, indem sie, über Zeit und Raum hinausgreifend, das Seiende verwandelt in das, was menschengemäß sein sollte. Doch ist es sattsam bekannt, dass solche dem Menschen immanente Fähigkeit höchst selten seinem Schöpfer auch zum Wohle gereicht!

Dass der Krieg der Sterne sich in Spanien, mitten in Sevilla auf dem Spanischen Platz abspielen würde, hätte man dann doch wohl weniger erwartet. Und dennoch spinnt sich die Geschichte des Spanischen Platzes bis hinauf zu der fernen Welt des Planeten Naboo am Mittleren Rand der Galaxis, wo die schöne Senatorin Padmé Amidala zu Hause ist. Naboo war einer der Schauplätze der Star Wars Saga "Angriff der Klonkrieger" und der Spanische Platz in Sevilla diente dafür als Vorlage. Hier fanden unter anderen die Dreharbeiten zu Star Wars II statt, und so wurde also das um den Platz sich biegende halbkreisförmige Gebäude zum phantastischen Sammelbecken und Strahlpunkt der Konflikte in den Galaktischen Welten.

Der Halbkreis der Plaza de España hat einen Durchmesser von 200 Metern. Symbolisch soll er eine 'Umarmung der Südamerikanischen' Länder' darstellen. Umarmung mag dabei als liebevolle Geste gemeint sein, die tatsächlichen historischen Ereignisse deuten mir dann aber doch eher auf eine gewaltsame Inbesitznahme hin, also 'Strahlpunkt der Konflikte' auch hier in der realen, irdischen Geschichte.

Historische Ereignisse der Vergangenheit als Projektion der Fantasie in die Zukunft der Sternenbesiedlung durch die Menschen? Naja, wäre Zufall, wenn es so gedacht gewesen wäre, doch ein Körnlein Symbolik steckt wohl drinnen in diesem Gedanken.

Errichtet wurde der Spanische Platz speziell für die Iberoamerikanische Ausstellung im Jahre 1929. Entlang des Flusses Guadalquivir südlich der Stadt verwandelte man riesige Flächen in eine großzügige Parklandschaft. Der Haupteingang zur Ausstellung befand sich gegenüber der großen Tabakfabrik, einem aus Bizets Oper 'Carmen' bekannten Wahrzeichen der Stadt. Hier hat man die sich halbkreisförmig öffnende Plaza de España angelegt. Ein hoher Turm nach Art der spanischen Renaissance überragt die anderen Gebäude, die im bunten Stilgemisch arabische, Renaissance- und Barockzitate aufweisen. In einem breiten Arkadengang, der die damaligen Ausstellungshallen miteinander verbindet, erzählt ein Fries aus typisch sevillanischen Kacheln die Geschichte der spanischen Provinzen. In der Mitte des Platzes befindet sich ein kleiner See.

Das Foto stammt vom 18.11.2006 und wurde am Ende eines sehr beeindruckenden Rundganges aufgenommen. Man sieht nicht selten eine solche Fülle spanischen Kulturschatzes auf solch engem Raum beieinander. Ich kann also sagen: "Ja, tatsächlich ein Platz, an dem die Fantasie beflügelt wird!"

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Vancouver in Schutt und Asche

Skyline von Vancouver, British Columbia, Kanada

Gelegentlich beginnt ein junges Leben gleich mit einer Katastrophe. Und häufig ist es dann genau diese Katastrophe, deren Meisterung ein Leben zu etwas ganz Besonderem macht.

Auch Städte können, kaum dass sie entstanden sind, schon in einem Fiasko enden. Dann war es das dann eben. Oder man fängt erst recht noch einmal ganz von vorne an. 

Sie bauten sich ihre Häuser und Hütten. Es entstand ein Haus nach dem anderen, eine Hütte neben der anderen wurde gezimmert. Man half sich gegenseitig. Als die Siedlung fertig war, wollte man das Werk auch gebührlich feiern. Eine neue Stadt war geboren. Man gründete sie am 6. April 1886 offiziell und gab ihr den Namen Vancouver.

Natürlich wurde weiter gebaut, gewerkt, gezimmert und gerodet. Bereits zwei Monate nach der Gründung, am 13. Juni des gleichen Jahres geriet eine Brandrodung außer Kontrolle. Heftiger Wind trieb das Feuer in die junge Stadt. Die Flammen brauchten nicht einmal eine Stunde, um ihre Zerstörungswut auszutoben. Dann lagen mehr als tausend Holzhäuser in Schutt und Asche, Vancouver war beinahe komplett abgebrannt! Die Stadt war am Ende noch bevor sie zu leben begonnen hat. Sollte man meinen.

Denn solche Geschichten gehen in der Regel so weiter: "Die Einwohner waren entsetzt und am Boden zerstört, verloren ihre letzte Hoffnung, sie verzweifelten". Die Gründer von Vancouver spuckten stattdessen in die Hände und schon am nächsten Tag begann der Neuaufbau. Das heutige Bild des Tages zeigt ihnen, was aus dieser Stadt inzwischen geworden ist. Es stammt vom 5. August 2008.

Die Stadt erholte sich ziemlich schnell von den Folgen des Brandes. Schon ein Jahr später fuhr 1887 der erste Zug in Vancouver rein. Die Eisenbahn ließ die Stadt schnell wachsen und bis zum Jahre 1900 hatte Vancouver bereits 100.000 Einwohner. 1929 war das 'abgebrannte Kind' bereits die drittgrößte Stadt Kanadas.

Danach erlebte Vancouver eine wechselvolle Geschichte durch die Wirren des 20. Jahrhunderts hindurch, die sie dennoch kontinuierlich wachsen ließ. Highlights der letzten 30 Jahre waren die Weltausstellung 1986 und die Olympischen Winterspiele 2010. Heute zählt Vancouver zu den wichtigsten Städten Kanadas. Die Stadt selbst umfasst rund 600.000 Einwohner, im Großraum leben ungefähr 2,2 Millionen Menschen.

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Gräfin von Dufferin hört auf zu rauchen

Gräfin von Dufferin, erste Dampflokomotive Kanadas

Gräfin von Dufferin, die Namensgeberin

Gräfinnen und Lokomotiven verbindet eine Gemeinsamkeit, sie haben alle ihre ganz eigene Biografie. Und alle hören sie irgendwann auf zu rauchen.


Biografie

Name: Gräfin von Dufferin

Taufpatin: Hariot Hamilton-Temple-Blackwood, Countess of Dufferin

Titel: Erste Dampflokomotive in Westkanada

Besondere Merkmale: Breittrichterschlot


Geboren: 1872

Geburtshelfer: Baldwin Lokomotivwerke, Philadelphia

Geburtsmarke: 2660

Geburtsnummer: 21/1872


Erster Arbeitgeber: Northern Pacific Railway

Erster Job: Bauarbeiter in Minnesota und Dakota

Beschäftigungsdauer: Von 1872 bis 1875

Kündigungsgrund: Arbeitsmangel

Arbeitslos: Von 1875 bis 1877


Reiseerfahrung: 1877 Umzug nach St. Bonifazius in Manitoba mit Dampfschiff Selkirk via Red River.


Neuer Arbeitgeber: Canadian Pacific Railway

Beschäftigt als: Bauhelfer im Außendienst zwischen Emerson/USA, St. Bonifazius und Selkirk

Beschäftigungsdauer: Von Oktober 1877 bis 1907

Kündigungsgrund: Nach 30 Jahren Schufterei wegen eines Unfalls unehrenhaft entlassen und ziemlich ramponiert zum Alteisen geworfen

Krankheitsdauer: Von 1907 bis 1909

Krankheitsverlauf: Lebensrettung durch die Stadt Winnipeg, mühsam wieder zusammen geflickt. 1910 Genesungskur mit ausgiebigem Face- und Bodylifting

Weitere Jobs: Einsatz bei diversen Arbeitgebern bis 1977, dann Ausscheiden aus dem aktiven Lokomotiven-Berufsleben und wohlverdienter Ruhestand

Rentnerdasein: Erschöpft, ausgelaugt, von Wetter und Vandalen zerstört; nochmals restauriert und nach einer Verjüngungskur jetzt wieder fit wie ein 20-jähriger Turnschuh. Nur mit der Luft hapert es etwas.

Altersruhesitz: Winnipeg Railway Museum, Manitoba, Kanada

Weitere Lebenserwartung

Prognose: Bei fortdauernder guter Wartung mindestens noch einmal 100 Jahre!

Vorsätze für die Zukunft

Qualmfrei im Alter: Will endlich aufhören zu rauchen!

Gräfin von Dufferin - Führerstand

Die Fotos wurden am 17. Juli 2008 aufgenommen.

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Humahuaca und der Karneval

Humahuaca, alte Inkastadt in den Anden

Lasst uns der Kämpfe unserer Vorfahren gedenken, in ihnen haben sie unsere Gegenwart geschaffen. Lasst uns unsere Kämpfe der Gegenwart bestehen, in ihnen werden wir unseren Nachkommen eine Zukunft bereiten. Lasst uns dabei feiern und fröhlich sein und unsere Seelen von ihrer Traurigkeit befreien!

Eine Hinweistafel, ein paar Steinhaufen, öde Landschaft. Einzig das Welterbe-Emblem der UNESCO auf dem linken Balken lässt ahnen, dass es 'hinter' dem Bild um mehr geht als nur um eine langweilige Region.

Ganz in der Nähe von San Salvador de Jujuy in der Provinz Jujuy beginnt eine Schlucht, die Quebrada de Humahuaca. Sie verläuft etwa 150 Kilometer nach Norden und dabei steigt die Landschaft auf knapp 3000 Meter Höhe an. In dieser Höhe am Ende der Schlucht liegt eine kleine Stadt, nur scheinbar im Dornröschenschlaf: Humahuaca.

Die "Band" spielt zum Essen auf

Gefurcht hat diese Schlucht der Rio Grande de Jujuy. Entlang des Flusses führen eine Straße und eine Eisenbahnlinie. Mit abnehmender Vegetation treten immer mehr die wundervoll-farbigen Gesteine der umliegenden Berge hervor. Die Straße, welche durch die Schlucht führt, folgt einem uralten Inkapfad, und eben dieser wurde von der UNESCO zum Welterbe erklärt. Dazu gehört auch die Stadt Humahuaca. Sie wurde bereits 1594 gegründet und gab der Schlucht ihren Namen.

Humahuaca ist eine Kleinstadt mit rund 10.000 Einwohnern. Ihr Zentrum im kolonialen Stil ist noch sehr gut erhalten. Enge Gassen, in denen kaum ein Durchkommen mit dem Auto möglich ist, prägen das Bild der Innenstadt. Was man in der abgelegenen Höhe der Anden indes kaum vermuten möchte: Humahuaca ist eine Hochburg des Karnevals! Jedes Jahr im Februar ziehen ausgefallen farbenprächtig kostümierte Umzüge durch die Stadt, an jedem Tag mit einem anderen Motto. Die Einheimischen feiern fröhlich und ausgelassen ihr Fest und offenbar gefällt es auch den vielen Fremden, die zu diesem Anlass erscheinen; der Karneval von Humahuaca ist jedenfalls inzwischen in aller Welt bekannt und somit auch eine Einnahmequelle für die Bewohner der Stadt.

Farbenfrohe Friedhöfe

Aber nicht immer wurde hier so ausgelassen gefeiert. Die düsteren Schatten der Kolonialzeit liegen noch düster über und um die Stadt. Die Inkaroute entlang des Tales besteht schon seit ungefähr 10.000 Jahren und es finden sich noch heute zahlreiche Spuren prähistorischer Siedlungen und Zeichen der Inkakultur. Doch in ihrer jüngeren Geschichte waren es die spanischen Eroberer, die sich in die Seele der Einheimischen tief eingegraben haben. Vor allem hier im Norden Argentiniens wurden die Bewohner in Reservaten eingeschlossen und besonders die Unabhängigkeitskämpfe im 19. und 20. Jahrhundert sind den Bewohnern noch heute schmerzlich gegenwärtig. Äußerlich haben sie sich mit ihrem Leben offenbar arrangiert und besonders der Tourismus sichert ihnen ein einigermaßen erträgliches Einkommen.

Direkt im Zentrum der Stadt befindet sich ein imposantes, riesiges Denkmal, das 'Monumento de la Independencia', das den Unabhängigkeitskämpfen in der Region gewidmet ist. Daneben gibt es viele weitere interessante Relikte aus der Kolonialzeit in näherer Umgebung. Alles in allem also ein lohnendes Reiseziel, wenn man sich für die Geschichte und Kultur der Inka in der Andenregion interessiert.

Ein das Interesse weckendes Ortsschild, Befestigungen aus farbigen Steinen, eine herrliche farbenfrohe Landschaft - wenn sich der Blick erst geweitet hat!

Die Fotos entstanden am 05. Dezember 2009.

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Der große Traum

Wilde Schönheit Yukon River

Der Traum von Gesundheit, Reichtum und Ruhm - ungezählte Legionen von Menschen träumen diesen Traum. Für ihren großen Traum geben sie alles, was sie haben: Ihre Gesundheit, ihren Reichtum und ihren Ruhm.

Als George Carmack am 17. August 1896 im Bonanza Creek, einem Nebenfluss des Klondike, faustgroße Goldnuggets entdeckte, löste er einen unvorstellbaren Goldrausch aus. Die Einwohnerzahl von Dawson City schnellte binnen kurzem auf 25.000 empor, manche Quellen sprechen sogar von mehr als 50.000! Es gab damals noch keine Verkehrswege wie heute, aber es gab - den Yukon River, und über diesen Fluss kamen sie alle, sofern sie die strapaziöse Reise überlebten.

Normalerweise ist der Yukon ein ruhig dahinfließender Strom, der von Oktober bis Mai mit Eis bedeckt ist. Die Schneeschmelze verursacht in den Sommermonaten mitunter außergewöhnlich starke Hochwasserfluten und der träge Fluss wandelt sich in ein alles verschlingendes Monster. Hier aber musste man durch, auf dem Weg zum großen Reichtum, bis nach Dawson City. Denn dort lag die Mündung des Klondike River, und ein kleines Stückchen weiter brauchte man sich nur noch zu bücken, um die Nuggets wie Pilze aufzuklauben, so träumte man.

Im Winter wird es am Yukon unvorstellbar kalt, bis minus 60 Grad Celsius. Es gab noch keine abgedichtete Wohnung, keine Elektroheizung und nicht die tägliche warme Dusche! Die lebensfeindlichen Bedingungen bedeuteten für manchen Träumer bereits das vorzeitige Aus, noch bevor er ein Nugget überhaupt nur zu Gesicht bekam. Die Indianer, die vor dem 17. Jahrhundert das Gebiet bewohnten, waren an das Klima angepasst. Angepasst waren auch die Trapper und Fallensteller, die ab dem 19. Jahrhundert für einen regen Pelzhandel sorgten. Doch die meisten Gold- und Glückssucher kamen meist aus sehr gemäßigten Zonen aus allen Teilen der Erde, und so hatten sie von Anfang an recht schlechte Karten für ihr Unterfangen.

Der Yukon River fließt zunächst über Whitehorse nach Dawson in Richtung Norden entlang der Kettengebirge. Dort, wo er sich mit dem Polarkreis trifft, macht er eine große Biegung nach Westen, fließt durch Alaska und mündet schließlich in einem riesigen Delta in die Beringsee. Auf seiner Reise hat er dann 3184 Kilometer zurückgelegt und ist damit einer der längsten Ströme Nordamerikas.

Wie gemalt schaut das Foto von einer Anhöhe auf die ehemalige Goldgräberstadt hinunter. Von links mündet der Klondike in den Yukon. Die Anhöhe erhielt den Name 'The Dome' und sie bietet einen wundervollen Überblick über das weite Land des Yukon. Wenn zu Zeiten die 'Nachtlichter', die Aurora Borealis, zu beobachten sind, fahren Nacht für Nacht ganze Busladungen voller Leute hinauf zum Dom, um von dort aus das bezaubernde Schauspiel zu betrachten. Das heutige Bild des Tages wurde am 26. Juli 2008 aufgenommen.

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Häuser für die Ewigkeit

La Recoleta - Prominentenfriedhof in Buenos Aires, Argentinien

Im Leben sind wir arm oder reich, im Tode aber alle gleich. Nur dass manche gleicher sind.

Wenn man in Buenos Aires das Exklusive sucht, geht man nach Recoleta. Dieser Bezirk der Stadt liegt nördlich des Zentrums am Río de la Plata und ist eines der teuersten und reichsten Viertel der Stadt.

Ein Franziskanerorden mit Namen 'Convento de Recoletos Descalzos' errichtete zu Beginn des 17. Jahrhunderts eine Kirche und einen Friedhof. Daraus entstand das heutige Zentrum von Recoleta und auch der Name des Ortes.

Vom Zentrum der Hauptstadt bis nach Recoleta ist es heute nur ein Katzensprung, im 19. Jahrhundert war das noch anders, da war man hier noch abgeschirmter. Bei einer großen Epidemie im Jahre 1870 flüchteten viele Bewohner aus der Stadt Buenos Aires und suchten in den umliegenden Orten Schutz. Schon damals kamen die Reichen aus der Oberschicht nach Ricoleta, während die arme Bevolkerung in die südlicheren Stadtteile flüchten mussten. Recoleta liegt auf einer Anhöhe, dort gab es weniger Stechmücken und damit auch weniger Risiko, Cholera oder Gelbfieber zu bekommen. So entstanden hier große Villen und eines der reichsten Zentren Südamerikas im Laufe der Jahre.

Unter den Sehenswürdigkeiten von Ricoleta nimmt, so merkwürdig das scheinen mag, der Friedhof ein. Hier ist die letzte Ruhestätte vieler prominenter Argentinier und ganze Familienclans aus mehreren Generationen sind dort bestattet. Auch das Grabmal der von den Argentiniern ganz besonders verehrten Evita Peron kann man hier besuchen. Es ist für Touristen leicht zu finden, denn man braucht nur zu schauen, wo die größte Menschentraube ist, dort ist auch ihr Grab!

Eng auf eng steht ein Mausoleum neben dem anderen, teils hübsch geschmückt, teils seit Jahren nicht mehr gepflegt, weil die Familien ausgestorben sind. Die Gebäude selbst sind Schmuck, Zierde und manche haben einen Altar im Inneren. Die Gebeine ruhen hingegen unter der Erde und bei vielen Gräbern kann man die Treppen sehen, die nach unten ins Beinhaus führen. Wer sich über die Namen der prominenten Toten etwas näher informieren möchte, dem wird auffallen, dass meistens nur das Sterbedatum angegeben ist, nicht jedoch das Geburtsdatum. Warum dieser Brauch existiert, weiß ich nicht, allerdings ist mir aufgefallen, dass die Argentinier wohl ein ganz besonderes Verhältnis zum Tod haben und ihn mancherorts sogar als Heiligen verehren.

Die Grabhäuser sind in Fluchten angeordnet, gerade so als wären es Straßen, an denen noch Lebende wohnen. Lebendig sind jedenfalls die zahllosen Katzen, die sich mit Beginn der Abenddämmerung am Friedhof einfinden. Es hat sich bei der Bevölkerung die Sitte eingebürgert, hier abends die streunenden Katzen zu füttern, so dass es zu dieser Zeit recht tierisch-lebendig zugeht.

Evita Peron, deren Grab die Mengen magisch anzieht, wurde nur 33 Jahre alt. Sie war Präsidentengattin und First Lady Argentiniens. Sie war selbst politisch aktiv, ohne dass sie je ein politisches Amt bekleidete. Sie starb früh an Krebs. Ihre Lebensgeschichte wurde in dem Musical 'Evita' dargestellt und auch mit Madonna in der Hauptrolle verfilmt. So ist ihre Popularität bis heute ungebrochen.

Am Grab von Evita Peron

Die Bilder entstanden am 8. November 2009.

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Wo tief in der Nacht die Sonne scheint

Stilisierter Globus markiert den Polarkreis - Vikingen Island, Norwegen

Kreise sind Grenzen, dort gibt es immer ein Diesseits und ein Jenseits. Oft sind diese Grenzen sehr unsichtbar und trotzdem wollen sie überwunden werden. Am Schwierigsten zu überwinden sind nicht die Mauern, nicht die Stacheldrahtverhaue. Am Schwierigsten zu überwinden sind die unsichtbaren Grenzen in unseren Köpfen.

Ein stilisierter Globus auf einem Steinpodest und darum herum eine kleine Insel - ehe man es sich versieht, schon hat man den Polarkreis hoch im Norden Norwegens überquert. Doch ohne den Globus auf dem Steinpodest mit einer kleinen Insel darum herum würde man nicht einmal bemerken, dass man gerade den Polarkreis überquert hat. So wird bei der Überquerung von der Schiffsbesatzung immer hübsch darauf aufmerksam gemacht.

Wir fahren mit der Midnatsol, einem Passagier- und Postschiff der Hurtigruten, von Bergen aus gen Norden Richtung Kirkenes und zur russischen Grenze. Am 4. Tag unserer Reise überqueren wir den nördlichen Polarkreis und finden auf der Fahrt nach Bodø eine Landschaft aus bildschönen Schären und Inseln vor, bevor sich weiter nördlich die eindrucksvolle Lofotenwand aus der arktischen See erhebt. Zum zweiten Mal überqueren wir den nördlichen Polarkreis am Tag 10 unserer Reise in umgekehrter Richtung, an Brønnøysund vorbei zu dem 260 Meter hohen Torghatten, dem Berg mit dem weltberühmten Loch in der Mitte. Auch jetzt noch, nach10 Tagen, werden wir nicht müde, uns an den Schönheiten Norwegens zu laben.

Ein wenig höher als der 66. Breitengrad Nord findet man die fast magische Grenze des nördlichen Polarkreises, jenseits davon die Arktis von bis zu minus 70 Grad Celsius. Die Tundra ist baumlos und strauchlos, eine Wüste aus Geröll, Schnee und Eis. Dann monatelang Dauertag und monatelang Dauernacht. Mit faszinierenden Strategien haben es Menschen, Tiere und Pflanzen geschafft, auch diese lebensfeindlichen Gebiete am scheinbaren 'Ende der Welt' zu besiedeln.

Wenn man sich am 21. Juni zur Sommersonnenwende direkt am nördlichen Polarkreis befindet, geht dort an diesem einen Tag die Sonne überhaupt nicht mehr unter. Je näher man dem Nordpol kommt, desto länger hält dieser Dauertag an, bis zu mehreren Monaten. Am 21. Dezember zur Wintersonnenwende ist es dann gerade umgekehrt und die Sonne lässt sich bis zu mehreren Monaten überhaupt nicht mehr blicken. Diese Erscheinung ist bedingt durch den Umstand, dass die Erdachse nicht gerade, sondern schräg verläuft, und dass sich die Pole an den genannten Tagen direkt zur Sonne hin- bzw. von ihr wegwenden.

Doch wenden wir uns noch kurz der Midnatsol zu, dem Schiff, auf dem wir uns befinden. Bekannt wurde Norwegen und die Schönheiten seiner Landschaft auch durch seine einzigartige Postschifflinie Hurtigruten, zu deren Flotte die Midnatsol gehört. Seit 1893 verbindet sie die Orte der über 2.700 Kilometer langen nordischen Küste im Westen des Landes. Bis zur russischen Grenze versorgt sie die Bewohner mit fast allem, was benötigt wird, vom Streichholz bis zum Kraftfahrzeug. Es dient zugleich als Fähre für die Einwohner, so dass auch sie, neben den Touristen, von Ort zu Ort per Schiff reisen können.

Kaum einer, der dabei den Polarkreis überquert, wird achtlos an der aus dem Meer ragenden Erdkugel vorbeifahren. Die Aufnahme wurde am 5. Juli 2009 gemacht.

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Die Kirche im ewigen Eis

Russisch-orthodoxe Dreifaltigkeitskirche in der Antarktis

Kirchen sind zumeist wunderbares Menschenwerk. Und doch ist mir die gesamte Erde ein glanzvollster Dom des Weltenschöpfers. Ja, so lasst uns Kirchen bauen, wo immer es uns danach drängt auf der Welt. Doch lasst uns aufhören, den Erdendom in seine Bestandteile zu zerlegen. Sonst wird bald auch die großartigste Kirche der Menschheit zu nichts mehr nütze sein!

Wohin man auch immer reist, man wird begleitet von Kirchen der verschiedensten Couleurs und unterschiedlichsten Konfessionen. Eigentlich hatte ich gedacht, dass dies in der Antarktis anders sei. So staunte ich nicht schlecht, als ich auf King George Island plötzlich vor einer Kirche stand. King George Island gehört zu einer Inselgruppe der Südlichen Shetland Inseln in der Antarktis.

Die Kirche hat auch einen Namen und eine wohl einzigartige Geschichte. Es ist  eine russisch-orthodoxe Kirche, die Dreifaltigkeitskirche, die erste orthodoxe Kirche in der Antarktis und damit das südlichste orthodoxe Gotteshaus der Welt. Es hat auch eine einzigartige Entstehungsgeschichte.

Entdeckt wurde die Insel 1819 und 1820 offiziell für Großbritannien in Besitz genommen, daher auch ihr Name 'King George Insel'. In Argentinien nennt man die sie 'Isla 25 de Mayo', das ist der Nationalfeiertag Argentiniens.

1821 strandete ein Walfängerschiff hier; die 'Lord Melville' war zum Überwintern gezwungen und die elf Besatzungsmitglieder waren die ersten Bewohner auf der Insel. Heute befinden sich dort diverse Forschungsstationen, unter anderen die chilenische Frei-Station, die argentinische Jubany-Station und die russische Bellingshausen-Station. Dort, im russischen Teil der Insel, fand ich die Dreifaltigkeitskirche, die sich in der Nähe der Station befindet.

Einen 'Tempel für die Antarktis' wollte Patriarch Alexius II bauen lassen, nachdem es seit 1968 auch eine russische Forschungsstation gab. Aber erst im 21. Jahrhundert wurde das Projekt ernsthaft verfolgt. Es wurde ein Architektenwettbewerb veranstaltet, die Kirche dann vollständig in Russland von Spendengeldern gebaut, dann zerlegt und in die Antarktis verschifft, wo sie am heutigen Platz wieder zusammengesetzt wurde.

2004 wurde die Kirche eingeweiht, es ist das ganze Jahr über ein Priester vor Ort und es finden regelmäßige Messen und sogar Trauungen statt.

Die Kirche liegt auf einer kleinen Anhöhe etwas außerhalb der Station. Von der Landungsstelle aus ist sie mit einem etwa 15-minütigen Fußmarsch zu erreichen.

Innenraum der Dreifaltigkeitskirche

Die Aufnahmen entstanden am 26. November 2009.

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Schädlicher Nützling

Asiatischer Marienkäfer Harmonia axyridis

Unbestritten ist der gesamten Natur eine wunderbare Ordnung immanent. Auch wenn Fressen und Gefressenwerden zum Instrumentarium der natürlichen Ordnung gehört, so balanciert es doch immer nur Gleichgewichte zwischen den Arten aus. Erst der Mensch bringt Unordnung in dieses natürliche Gleichgewicht, indem er unbedacht und willkürlich in die natürlichen Abläufe eingreift, ohne zuvor deren Folgen zu bedenken.

Als ich gestern vom Spaziergang mit den Hunden zu meinem Auto zurückkehrte, war der Wagen übersät mit Hunderten von Marienkäfern! Ähnliches habe ich zwei Jahre zuvor schon gesehen, als ich an eine Feldhütte kam, an und in der Abertausende dieser Tierchen in großen Trauben hingen, lagen, standen und krochen.

Nun ist ja jetzt die Zeit, wo diese Glückskäferchen sich zum Überwintern zusammenrotten, um sich gemeinsam einen Winterplatz zu suchen. Doch bei genauerem Hinsehen merkte ich schnell, dass es sich keinesfalls um eine der bei uns üblichen Marienkäferarten handelte. Diese kommen zwar, was ihre Punktierung und Einfärbung betrifft, in ziemlich vielen verschiedenen Arten vor - "unser" eigentlicher Glücksbringer ist hierbei der 'Siebenpunkt'. Meine Autokäfer jedoch waren etwas größer als die einheimischen Arten und die meisten von ihnen haben genau 19 Punkte und eine ziemlich auffällige, markante Zeichnung an ihrem Kopf. Der Wagen, das war schnell klar, ist von einem asiatischen Käfer überfallen und in Besitz genommen worden!

Harmonia axyridis heißt dieser fernöstliche Marienkäfer und er ist ein ziemlich gefräßiger Zeitgenosse. Genau aus diesem Grund, er sollte die Schädlinge in der Landwirtschaft fressen, hat man ihn ganz bewusst nach Europa importiert. Inzwischen geht er längst auf Beutefang in freier Wildbahn. Dort erweist er sich als höchst anpassungsfähiger Opportunist ohne spezielle Ansprüche an Lebensraum und Nahrung. Hat er erst einmal alle Blattläuse weggefressen, macht er sich hemmungslos über die Larven anderer Nützlinge her, verschmäht auch pflanzliche Kost nicht und frisst schließlich sogar die Larven seiner europäischen Verwandten.

Wo viel Freund zusammenkommt, ist meist auch Feind nicht weit entfernt. Und so fand ich auch den praktisch einzigen Feind des asiatischen Marienkäfers in hiesigen Gefilden, den 'Baumwächter', eine einheimische Baumwanze, auf dem Autodach. Diese Wanze besitzt ein ungewöhnlich langes Mundwerkzeug, das zu einer Art Rüssel ausgeformt ist. Mit ihm kann sie den Käfer aufspießen uns aussaugen.

Natürlich vermag der Baumwächter alleine nichts auszurichten gegen die asiatische Armada, und so ist aus dem vermeintlichen Nützling inzwischen ein Schädling geworden, von dem keiner weiß, welchen Schaden er in Zukunft noch anrichten wird.

Der Baumwächter, Feind des Asiatischen Marienkäfers

Die Aufnahmen habe ich am 27. Oktober 2011 in einem Waldstück bei Alzingen gemacht.

Estación del Fin del Mundo - Bis ans Ende der Welt

Haltestelle am Ende der Welt

Im äußersten Süden Argentiniens auf Feuerland liege das Ende der Welt, sagt man. Dort enden alle Straßen irgendwo im Nirgendwo. Doch es gibt eine Eisenbahnstation, die 'Estación del Fin del Mundo'.

Die Eisenbahn, die zu dieser Station hinführt und von ihr wegführt, existiert nur deshalb, weil es früher an diesem Ort ein Gefängnis ab - bis an das Ende der Welt schob man die Unholde ab. Es gab dort beileibe nicht nur Schwerbrecher, auch politische Gefangene mussten ihr Dasein fristen. 

Das Gefängnis existiert heute nicht mehr, es wurde nach Ushuaia verlegt. Ursprünglich aber mussten die Gefangenen ihr Gefängnis selbst bauen und gleich auch noch eine Eisenbahn für den Materialtransport dazu.

Die Geschichte begann 1870, als englische Missionare in das Gebiet eindrangen. Einige Jahre später waren es Seestreitkräfte, die Ushuaia für Argentinien eroberten. 1902 begann der Bau des 'Presidio', des Gefängnisses, das einschliesslich einer Schmalspur-Eisenbahn, bis 1920 fertiggestellt war. 1947 gab es ein schweres Erdbeben und Teile der Strecke wurden unpassierbar. 1994 wurde die Bahn wieder eröffnet und wird seitdem zur Beförderung von Touristen eingesetzt. Es ist eine Schmalspurbahn mit 500 mm Spurweite. Sie führt direkt in den Nationalpark 'Tierra del Fuego', er liegt natürlich auch am Ende der Welt.

Im Jahre 1930 sank ein großes Passagierschiff in unmittelbarer Nähe. Es handelte sich um ein Motorschiff der deutschen Reederei 'Hamburg Süd', die Monte Cervantes, mit einem deutschen Kapitän an Bord. In einer dramatischen Rettungsaktion wurden alle Passagiere gerettet, doch der Kapitän kam ums Leben. Die gesamte Bevölkerung beteiligte sich an den Rettungsaktionen und selbst die Gefangenen gaben die Hälfte ihrer Decken und ihrer Tagesrationen an Nahrung für die Schiffbrüchigen ab.

Nicht nur die Monte Cervantes ist untergegangen. Viele Jahre später wurden auch die gesamten Schiffsunterlagen, die in der Reederei noch verwahrt waren, bei der großen Sturmflut in Hamburg 1992 vernichtet.

Nun also befördert man Touristen mit der Bahn an das Ende der Welt und ich kann Ihnen sagen: Ob damals oder heute, es ist ganz schön was los am Ende der Welt!

Und wenn du bis zum Ende der Welt entfliehst, dir selbst wirst du doch nicht entkommen können.

Die Aufnahmen stammen vom 21.11.2009. Sie zeigen die Stationstafel der Bahnstation vom Ende der Welt sowie eine der eingesetzten Bahnen.