Wo tief in der Nacht die Sonne scheint

Stilisierter Globus markiert den Polarkreis - Vikingen Island, Norwegen

Kreise sind Grenzen, dort gibt es immer ein Diesseits und ein Jenseits. Oft sind diese Grenzen sehr unsichtbar und trotzdem wollen sie überwunden werden. Am Schwierigsten zu überwinden sind nicht die Mauern, nicht die Stacheldrahtverhaue. Am Schwierigsten zu überwinden sind die unsichtbaren Grenzen in unseren Köpfen.

Ein stilisierter Globus auf einem Steinpodest und darum herum eine kleine Insel - ehe man es sich versieht, schon hat man den Polarkreis hoch im Norden Norwegens überquert. Doch ohne den Globus auf dem Steinpodest mit einer kleinen Insel darum herum würde man nicht einmal bemerken, dass man gerade den Polarkreis überquert hat. So wird bei der Überquerung von der Schiffsbesatzung immer hübsch darauf aufmerksam gemacht.

Wir fahren mit der Midnatsol, einem Passagier- und Postschiff der Hurtigruten, von Bergen aus gen Norden Richtung Kirkenes und zur russischen Grenze. Am 4. Tag unserer Reise überqueren wir den nördlichen Polarkreis und finden auf der Fahrt nach Bodø eine Landschaft aus bildschönen Schären und Inseln vor, bevor sich weiter nördlich die eindrucksvolle Lofotenwand aus der arktischen See erhebt. Zum zweiten Mal überqueren wir den nördlichen Polarkreis am Tag 10 unserer Reise in umgekehrter Richtung, an Brønnøysund vorbei zu dem 260 Meter hohen Torghatten, dem Berg mit dem weltberühmten Loch in der Mitte. Auch jetzt noch, nach10 Tagen, werden wir nicht müde, uns an den Schönheiten Norwegens zu laben.

Ein wenig höher als der 66. Breitengrad Nord findet man die fast magische Grenze des nördlichen Polarkreises, jenseits davon die Arktis von bis zu minus 70 Grad Celsius. Die Tundra ist baumlos und strauchlos, eine Wüste aus Geröll, Schnee und Eis. Dann monatelang Dauertag und monatelang Dauernacht. Mit faszinierenden Strategien haben es Menschen, Tiere und Pflanzen geschafft, auch diese lebensfeindlichen Gebiete am scheinbaren 'Ende der Welt' zu besiedeln.

Wenn man sich am 21. Juni zur Sommersonnenwende direkt am nördlichen Polarkreis befindet, geht dort an diesem einen Tag die Sonne überhaupt nicht mehr unter. Je näher man dem Nordpol kommt, desto länger hält dieser Dauertag an, bis zu mehreren Monaten. Am 21. Dezember zur Wintersonnenwende ist es dann gerade umgekehrt und die Sonne lässt sich bis zu mehreren Monaten überhaupt nicht mehr blicken. Diese Erscheinung ist bedingt durch den Umstand, dass die Erdachse nicht gerade, sondern schräg verläuft, und dass sich die Pole an den genannten Tagen direkt zur Sonne hin- bzw. von ihr wegwenden.

Doch wenden wir uns noch kurz der Midnatsol zu, dem Schiff, auf dem wir uns befinden. Bekannt wurde Norwegen und die Schönheiten seiner Landschaft auch durch seine einzigartige Postschifflinie Hurtigruten, zu deren Flotte die Midnatsol gehört. Seit 1893 verbindet sie die Orte der über 2.700 Kilometer langen nordischen Küste im Westen des Landes. Bis zur russischen Grenze versorgt sie die Bewohner mit fast allem, was benötigt wird, vom Streichholz bis zum Kraftfahrzeug. Es dient zugleich als Fähre für die Einwohner, so dass auch sie, neben den Touristen, von Ort zu Ort per Schiff reisen können.

Kaum einer, der dabei den Polarkreis überquert, wird achtlos an der aus dem Meer ragenden Erdkugel vorbeifahren. Die Aufnahme wurde am 5. Juli 2009 gemacht.

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Mitternachtssonne

Während in Capri die rote Sonne im Meer versank ... dachte sie in Norwegen gar nicht daran, ins Meer abzutauchen. Mitternachtssonne, und sie scheint und scheint und scheint! So zeigt sie auch hier ihre schönste Seite rund um die Uhr und taucht die Landschaft der norwegischen Fjorde in ihren zauberhaften Glanz.

Mitternacht am Polarkreis

Einmal im Jahr geht die Sonne am Polarkreis nicht unter. Sie senkt sich ab bis zu ihrem tiefsten Stand über dem Horizont und steigt dann wieder empor. Je näher man den Polen kommt, an umso mehr Tagen lässt sich dieses Phänomen beobachten. Deshalb ist am Polarkreis die Sonne vom 12 Juni bis zum 1. Juli 24 Stunden am Tag sichtbar.

Die obige Aufnahme stammt vom 26. Juni 2008 in der Nähe des Polarkreises bei Bodö in Norwegen.

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