Wie der White Pass seine Eisenbahn bekam

Historische Lok mit Schneefräse in Skagway, Alaska

Zuerst kommt der Traum, dann das Ziel. Menschen, die an beidem festhalten, können das scheinbar Unmögliche vollbringen.

Die Yukon Route über den White Pass verbindet Skagway mit Whitehorse. Kapitän Billy Moore, der erste Einwohner Skagways, begann schon fast ein Jahrzehnt vor dem Klondike-Goldrausch die Werbetrommel für seine Idee zu rühren. Er wollte eine Eisenbahnlinie von Skagway aus bis zum Oberlauf des Yukon bauen.

Als dann der Goldrausch einmal im Gange war, boomte die Schifffahrt auf dem Yukon. Jetzt war es an der Zeit, Moores Pläne in die Tat zu umsetzen. Um nach Dawson City zu gelangen, musste man vor dem Bau nicht nur den langen Weg über den Ozean bewältigen, sondern auch noch eine äußerst beschwerliche Schiffreise hinter sich bringen. Mit einer Bahnlinie von Skagway aus ginge die Reise sehr viel einfacher vonstatten.

Goldsucher mit Gepäckträger - für sie wurde die Eisenbahn gebaut

Der White Pass schien als Eisenbahnlinie am ehesten geeignet zu sein. Der Chilkoot Pass war viel zu steil, felsig und schneebedeckt, und der Chilkat River nördlich von Haines Mission war zu weit vom Yukon River entfernt. Manche schlugen vor, eine Eisenbahn entlang des Stikine River von Wrangell aus zu bauen, andere wiederum meinten, man könne den Taku River dafür benutzen. Alle sonstigen Alternativen konnte man guten Gewissens bereits im Vorfeld verwerfen. Letztlich entschied man sich also für den White Pass als Route, auch wenn es fast unmöglich schien, hier eine Bahnlinie zu bauen.

Im Jahre 1898 wurde dann der Bau der Route über den White Pass zum Yukon organisiert. Die Leute, die ins Land geschickt wurden, um den Bau auszuführen, glaubten selbst nicht an das Gelingen, zu abwegig war die Vorstellung, eine Bahn über das gebirgige Gebiet zu führen. Doch von ihrem im Eisenbahnbau sehr erfahrenen Bauleiter ließen sie sich schließlich überzeugen.

Dann ging es los. Zunächst kaufte man eine sechs Kilometer lange Fahrstraße, die bereits vorhanden war, und begann dann mit dem Bau, obwohl man noch gar keine Wegerechts-Genehmigung der kanadischen und amerikanischen Regierungen durch den Pass erhalten hatte. Bis Juli 1898 waren die Geleise auf der Fahrstraße gelegt und die neue Eisenbahngesellschaft begann sofort damit, auf dieser Strecke Passagiere zu befördern.

Im Februar 1899 erreichten die Bahngleise den Scheitelpunkt des White Pass und im Juli war man in Lake Bennett angekommen. Eine zweite Mannschaft hatte damit begonnen, Gleise von Whitehorse aus in Richtung Skagway zu verlegen. Schließlich trafen sich die beiden Bautrupps am 29. Juli 1900 in Carcross.

Der Hafen von Skagway zu Beginn des 20. Jahrhunderts

Anders als die meisten Eisenbahnstrecken finanzierte sich die White Pass-Yukon Route bereits, als der Bau noch in vollem Gange war. Man beförderte nämlich schon während der zwei Jahre dauernden Bauzeit zahlende Passagiere auf den fertig gestellten Bauabschnitten. Bis es dann soweit war, dass die Züge die gesamte Strecke zwischen Skagway und Whitehorse befahren konnten, war die White Pass-Yukon Route eine der wenigen Eisenbahnlinien in Nordamerika, die, obwohl sie ohne staatliche Mittel gebaut wurde, ihre gesamten Baukosten vor der Fertigstellung hereingefahren hatte.

Die White Pass & Yukon Route stellte 1978 den regulären Fahrdienst zwischen Skagway und Whitehorse ein. Doch für die zahlreichen, mit den Kreuzfahrtschiffen in Skagway eintreffenden, Touristen fahren im Sommer auch heute noch Ausflugszüge vom Depot in Skagway aus in den White Pass ein. Die Route führt sie entweder zum White Pass hoch oder zu dem ehemaligen Startpunkt, dem Lake Bennett, von wo aus die Goldsucher früher mit Flößen und Booten gestartet waren, um über den Yukon nach Dawson City zu gelangen.

Der Hafen von Skagway zu Beginn des 21. Jahrhunderts

Die Aufnahmen stammen vom 25. Juli 2008.

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Kunst am wilden Yukon

Moose Creek Lodge, Yukon, Kanada

Über der Frage, was Kunst sei, scheiden sich die Geister. Ganz sicher aber ist Kunst die Projektion einer inneren Welt nach draußen. Man muss das Erfahrene verarbeiten, um es, vergegenständlicht, handhaben und ihm so einen Sinn verleihen zu können.

Am Yukon sind die Winternächte lang und kalt. Da können die Temperaturen nachts schon mal bis unter die 40 Grad minus sinken. Der Rekord liegt bei minus 63 Grad, das ist die tiefste jemals in Kanada gemessene Temperatur, und das war am Yukon. Da tröstet es in dieser Zeit auch nicht, dass im Gegenzug die Werte im Sommer auf bis zu 30 Grad über Null steigen.

Es ist sinnvoll, man sucht sich eine angenehme Beschäftigung für die langen Winternächte. Holz ist genügend vorhanden, was also liegt näher, als sich die Zeit mit Schnitzarbeiten zu vertreiben. Einige der 'Kunstwerke' sind mir auf der Fahrt zwischen Dawson City und Whitehorse an der Moose Creek Lodge begegnet. Lokale Künstler haben geholfen, die Umgebung der Lodge zu gestalten.

Pickup mit Elchgeweih

In diesem Teil Kanadas sind die Menschen gegenüber den Tieren in der Minderheit. So verwundert es auch nicht, dass mancher Elch an der Kühlerhaube eines Pickup sein trauriges Ende gefunden hat. Warum nicht sein Geweih als Trophäe nutzen. Ob das allerdings hilft, andere Elche von einer unheilvollen Begegnung abzuhalten, ist nicht überliefert.

Es leben am Yukon auf 482.000 Quadratkilometern nicht einmal 30.000 Menschen, davon alleine 25.000 in Whitehorse, der Hauptstadt des Yukon. Die restlichen 5.000 Menschen teilen sich das riesige Gebiet mit rund 50.000 Elchen, 200.000 Karibus und etwa 20.000 Bären.

Stilisierte Elche an antiker Tanksäule

Der amerikanische Elch, den die Kanadier 'Moose' nennen, ist neben den Karibus Nahrungsquelle für die Menschen und ständig sichtbar, wenn man durch die Wildnis streift oder mit dem Kanu durch den Yukon paddelt, jener Fluss, welcher der Landschaft seinen Namen gegeben hat. Kein Wunder also, dass diese Tiere auch Einzug in die Kunst des Yukon gefunden haben.

Größter Moskito der Welt ...

Besonders geplagt sind Mensch und Tier im Sommer von den Moskitos, vor allem in Flussnähe und auf den Flussläufen. Kein Wunder, dass diese 'traumatischen' Plagegeister dann im Winter 'psychologisch' verarbeitet werden müssen. Sie werden in Holz geformt, wo sie wenigstens nicht mehr pieken können. Die hier vorgestellten Spezies haben dadurch richtig sympathische und liebevolle Züge angenommen.

Das Yukon Territorium reicht im Süden bis an die Provinz British Columbia. Im Norden ist das Eismeer die Grenze, im Osten sind es die kanadischen Northwest Territories. Alaska, das mit viel Phantasie wie eine 'Bratpfanne mit Stiel' aussieht, begrenzt den westlichen Teil des Yukon.

... mit einer Kette vor Diebstahl geschützt ...

Trotz der geringen Einwohnerzahl gibt es mehr als 4500 Kilometer Straße, die durch das Territorium führen. Sowohl die legendären Goldgräberstätten als auch die Orte der Ureinwohner nördlich des Polarkreises lassen sich über sie erreichen. Manche Strecken gleichen jedoch eher einem Abenteuertrip denn einer gemütlichen Spazierfahrt; es gibt dort weder Tankstellen noch Pannenstationen, die einem im Notfall weiterhelfen können.

... und hier zum Abflug bereit

Der Mount Logan ist mit 5959 Metern der höchste Berg Kanadas. Er liegt im Südwesten des Territoriums. Der Yukon Fluss gehört mit rund 3000 Kilometern zu einem der längsten Flüsse Nordamerikas. Solche Rekorde können eben nur die Moskitos toppen: Sie sind so zahlreich, dass sie fast allgegenwärtig sind, an den Bergen, an den Flüssen und deswegen eben auch in der Kunst.

Die Aufnahmen stammen vom 27. Juli 2008.

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Der große Traum

Wilde Schönheit Yukon River

Der Traum von Gesundheit, Reichtum und Ruhm - ungezählte Legionen von Menschen träumen diesen Traum. Für ihren großen Traum geben sie alles, was sie haben: Ihre Gesundheit, ihren Reichtum und ihren Ruhm.

Als George Carmack am 17. August 1896 im Bonanza Creek, einem Nebenfluss des Klondike, faustgroße Goldnuggets entdeckte, löste er einen unvorstellbaren Goldrausch aus. Die Einwohnerzahl von Dawson City schnellte binnen kurzem auf 25.000 empor, manche Quellen sprechen sogar von mehr als 50.000! Es gab damals noch keine Verkehrswege wie heute, aber es gab - den Yukon River, und über diesen Fluss kamen sie alle, sofern sie die strapaziöse Reise überlebten.

Normalerweise ist der Yukon ein ruhig dahinfließender Strom, der von Oktober bis Mai mit Eis bedeckt ist. Die Schneeschmelze verursacht in den Sommermonaten mitunter außergewöhnlich starke Hochwasserfluten und der träge Fluss wandelt sich in ein alles verschlingendes Monster. Hier aber musste man durch, auf dem Weg zum großen Reichtum, bis nach Dawson City. Denn dort lag die Mündung des Klondike River, und ein kleines Stückchen weiter brauchte man sich nur noch zu bücken, um die Nuggets wie Pilze aufzuklauben, so träumte man.

Im Winter wird es am Yukon unvorstellbar kalt, bis minus 60 Grad Celsius. Es gab noch keine abgedichtete Wohnung, keine Elektroheizung und nicht die tägliche warme Dusche! Die lebensfeindlichen Bedingungen bedeuteten für manchen Träumer bereits das vorzeitige Aus, noch bevor er ein Nugget überhaupt nur zu Gesicht bekam. Die Indianer, die vor dem 17. Jahrhundert das Gebiet bewohnten, waren an das Klima angepasst. Angepasst waren auch die Trapper und Fallensteller, die ab dem 19. Jahrhundert für einen regen Pelzhandel sorgten. Doch die meisten Gold- und Glückssucher kamen meist aus sehr gemäßigten Zonen aus allen Teilen der Erde, und so hatten sie von Anfang an recht schlechte Karten für ihr Unterfangen.

Der Yukon River fließt zunächst über Whitehorse nach Dawson in Richtung Norden entlang der Kettengebirge. Dort, wo er sich mit dem Polarkreis trifft, macht er eine große Biegung nach Westen, fließt durch Alaska und mündet schließlich in einem riesigen Delta in die Beringsee. Auf seiner Reise hat er dann 3184 Kilometer zurückgelegt und ist damit einer der längsten Ströme Nordamerikas.

Wie gemalt schaut das Foto von einer Anhöhe auf die ehemalige Goldgräberstadt hinunter. Von links mündet der Klondike in den Yukon. Die Anhöhe erhielt den Name 'The Dome' und sie bietet einen wundervollen Überblick über das weite Land des Yukon. Wenn zu Zeiten die 'Nachtlichter', die Aurora Borealis, zu beobachten sind, fahren Nacht für Nacht ganze Busladungen voller Leute hinauf zum Dom, um von dort aus das bezaubernde Schauspiel zu betrachten. Das heutige Bild des Tages wurde am 26. Juli 2008 aufgenommen.

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Dann doch lieber Hühnchen


Im östlichen Teil Alaskas, dort wo der Taylor Highway in die Route "Top of the World" übergeht und durch das Gebirge hinüber nach Dawson City führt, fließt ein kleiner Bach, genannt Chicken Creek. Man kann hier auch heute noch Gold auswaschen - also auf nach Alaska, all ihr heimlich träumenden Goldgräber! Richtig reich werdet ihr dort allerdings leider auch nicht wirklich.

Chicken - alter Goldgräberort in Alaska

Ganz nahe am Chicken Creek liegt das kleine Dorf Chicken, so man es Dorf überhaupt nennen mag. Aber es besitzt einen Postcode und somit ist es auch eine offizielle Zustelladresse. Das Dorf hatte bei der letzten Zählung im Jahre 2010 die stattliche Anzahl von sieben Einwohnern. Doch im Sommer kommen jede Menge Touristen vorbei, im Winter ist die Straße geschlossen und die Bewohner wären von der Umwelt abgeschlossen, wenn sie sich nicht ihren eigenen Flugplatz gebaut hätten. Über ihn versorgen sie sich mit dem Nötigsten.

Chicken ist eines der wenigen Überbleibsel aus der Goldgräberzeit Ende des 19. Jahrhunderts. Als die alten Goldgräber damals gezwungenermaßen ihrem Ort einen Namen geben mussten, wollten sie ihn nach ihrer Hauptnahrungsquelle benennen. Das war ein einheimischer Vogel, der ihnen das Überleben in der Wildnis sicherte. Ptarmigan heisst der Vogel, ist ein Schneehuhn und sieht unter Einsatz von etwas Phantasie, auch aus wie ein Huhn.

Goldwäsche? Hier kann man noch immer sein Glück versuchen

Ptarmigan ist für jeden Alaska-Goldgräber ein Zungenbrecher. Also hat man den Ort doch nicht Ptarmigan genannt! Man hat sich dann lieber für das Hühnchen, 'Chicken', entschieden.

Chicken verfügt immerhin über ein Café, einen Saloon, einen Schnapsladen und ein Einkaufs-Imperium! Das ist, wie man sieht, alles, was nötig ist, um einen Ortsnamen zu führen.

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