In den Schluchten des Humahuaca

Purmamarca am Fuße des Cerro de los Siete Colores

Schwarz-Weiß-Malerei findet man nur bei den Menschen. Die Natur malt in Farbe!

Es wundert überhaupt nicht, dass die Schlucht von Humahuaca von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt wurde. Nicht nur die atemberaubende Landschaft, auch die Geschichte des Landes, die bis in die heutige Zeit überlieferte Kultur der Menschen, die dort zuhause sind, machen eine Reise durch dieses Tal zu einem einmaligen, unvergesslichen Erlebnis.

Etwa auf halber Distanz zwischen Jujuy und Humahuaca führt eine Andenstraße gen Westen über das Gebirge nach Chile. Folgt man dieser Straße, gelangt man nach wenigen Kilometern zu jenem Berg, über den der Herrgott seinen Malkasten ausgeworfen zu haben scheint, den „Berg der sieben Farben“. Die Einheimischen nennen ihn Cerro de los Siete Colores.

Am Fuße des Berges liegt das Indiodorf Purmamarca, dessen pastellfarbene Terracotta-Häuser sich harmonisch in das Bild der Landschaft einfügen. Die Indios dort sind arm, und doch hat ihnen der seit wenigen Jahren einströmende Tourismus einen für ihre Verhältnisse gewissen Wohlstand beschert. Etwas anderes zum Broterwerb haben die Bewohner des Ortes nicht, und so findet sich auf dem großen Marktplatz des Dorfes ein ebenso großer Markt für die Touristen, die entweder auf der Durchfahrt nach und von Chile sind oder auf dem Weg von Salta nach Bolivien extra einen Abstecher zum „Farbenberg“ gemacht haben.

Blick auf Cerro de los Siete Colores

Purmamarca liegt friedlich, noch schläfrig in der Morgensonne, als wir eintreffen und zunächst eine kleine Rundfahrt durch die Stadt machen, um uns einen Eindruck zu verschaffen. Eine große Rundfahrt ist ohnehin nicht möglich, denn es stehen dafür nur einige wenige, quadratisch angelegte, Straßenreihen zur Verfügung. Rund um den Marktplatz mustern uns die Indios vor ihren bunten Marktständen neugierig-gelangweilt, warten darauf, dass wir aussteigen, uns über ihre Schätze hermachen.

Cerro de los Siete Colores

Doch zuerst interessiert der Berg. Es gibt einen kleinen Pfad, der ein Stück weit um den Berg herum führt. Es ist notwendig, das Farbenspiel von vielen verschiedenen Plätzen aus zu betrachten, will man die ständig wechselnde Farbenpracht voll auskosten. Leider haben Touristen nie Zeit, es geht ihnen da wie den enkelkinderhütenmüssenden Rentnern zuhause. Und so entartet das beschauliche Betrachten eines Wunders der Natur nur allzu leicht zu einem hektischen Gerenne, um „die besten und schönsten“ Bilder zu schießen. Aber der Bummel durch den Markt muss sein, die Ruhe der Marktständler wirkt ansteckend, und so finden wir ein wenig die notwendige Muße, um wenigstens ein kleines Bisschen in Kultur und Geschichte der Indios einzutauchen. Auf dem Markt ist vom Lamapullover über Ponchos zu handgefertigten Souvenirs alles zu haben, was den Besuchern locker die Geldbörse zücken lässt.

Auf dem Marktplatz von Purmamarca

Unsere Frauen kümmern sich um das Textile, Wollige, Haarige und Schmucke, mit anderen Worten um alles das, was Frau so zum Anziehen braucht, vom Wadenschoner bis zum Kopftuch. Unser Haus- und Hoffotograph hält dies alles im Bilde für die Nachwelt fest; das Entzückende an seiner Arbeit ist Mal ums Mal, dass er Dinge sieht und bannt, die einem selbst entgangen sind. Da ich mich für Historisches interessiere, erstand ich von einem der Indios ein Schachspiel und ein Paar Wollhandschuhe, dessen Preise mangels Sprachkenntnisse mit den „sprechenden Fingern“ ausgehandelt wurden.

Das Schachspiel hat seinen besonderen Reiz, weil hier nicht Schwarz gegen Weiß spielt, sondern poppigbunte Indios gegen armierte Spanier – die Wurzeln und die Wunden führen schnurgerade in den fünfhundertjährigen Konflikt mit den Eroberern hinein! Ja, und die Handschuhe ohne Fingerkuppen waren zwingend geworden, nachdem ich vor wenigen Tagen noch, auf Pinguinjagd mit der Kamera, in der Antarktis herumgekrebst war und manches Mal beim Bedienen die Fingerkuppen hätte gut gebrauchen können. Zwar waren die Handschuhe in der Hitze der Humahuaca-Schlucht fehl am Platze, aber zuhause in Deutschland würde es wohl wieder kalt werden beim Filmen – und ich sollte Recht behalten mit meiner Prophetie; als hätten wir die Kälte in den Koffern mit nach Luxemburg importiert.

Affenbrotbaum im Kirchgarten von Purmamarca

Im Vorgarten der schön anzusehenden, historischen Dorfkirche steht ein schattenspendender Affenbrotbaum, der gut und gerne seine 1000 Jahre auf dem Buckel hat, und so steht er denn auch auf zahlreichen Krücken. Ein Zeitzeuge also, direkt am Fuße des Berges. In seinem Schatten wurde so mancher Becher Chica als Friedenstrunk geleert, so mancher Soldat legte zwischen den Schlachten sein blutiges Haupt dorthin.

Iglesia de Santa Rosa de Lima, Purmamarca

Die Kirche selbst nennt sich Iglesia de Santa Rosa de Lima. Sie ist ein Zeugnis für den klassischen Baustil der Quebrada, eine weiß-getünchte Adobe-Kirche aus dem Jahre 1648 und seit 1941 Nationaldenkmal.

Eingang zum Kirchhof mit Blick auf Cerro de los Siete Colores

Wieder schweift der Blick hinauf zum Berg. Du kannst dich nicht satt sehen an seiner Farbenpracht. Doch es ist Zeit, Abschied zu nehmen, die Fahrt durch die Schlucht muss weitergehen, wenn wir das Tagespensum unseres Reiseführers erfüllen wollen. Natürlich werden wir ihm diese Freude machen, denn schließlich will man ja auch nichts verpassen auf der Reise durch dieses schöne, weite, aufregende Land.

Madonna von Purmamarca

Und über allem thront das Gnadenbild, das allgegenwärtige religiöse Symbol der Menschen in dieser Region. Die Aufnahmen stammen vom 05. Dezember 2009.

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Abgetaucht

Bartenwal auf Tauchgang, Valdés, Argentinien

Der Mensch ist Teil der Schöpfung auf dieser Erde. Wenn durch sein (un)bedachtes Handeln ein Lebewesen nach dem anderen 'abtaucht', wird auch der Mensch selbst, die angebliche Krone der Schöpfung, mitsamt seiner Krone bald abgetaucht sein.

Die argentinische Halbinsel Valdés in der Provinz Chubut an der Atlantikküste  ist mit gutem Grund auf der Weltkulturerbe-Liste der UNESCO zu finden. Die nach Osten in das Meer hineinragende Halbinsel mit ihren 400 km Küstenlinie beherbergt eine Reihe von Buchten, felsigen Klippen und flachen Lagunen mit ausgedehnten Wattflächen. Auch Sand- und Kiesstrände, Sanddünen und kleine Inselchen sind dort zu finden. Wegen des gemäßigten Klimas ist Valdés für eine ganze Reihe bedrohter Tierarten ein idealer Aufzuchtplatz. Es werden bedeutende Anstrengungen unternommen, um diesen Ort für die Tierpopulationen zu erhalten.

Da sind zunächst die südlichen See-Elefanten und Seelöwen zu nennen, die sich hier hervorragend entwickeln und inzwischen sogar eine wachsende Population aufweisen. Aber auch die Magellan-Pinguine genießen hier einen besonderen Schutz. Diese Pinguinart gräbt sich Nester in das Erdreich, um ihre Eier vor Fressfeinden zu schützen. Hier auf Valdés gibt es fast 40.000 aktive Nester, die sich auf 5 verschiedene Kolonien verteilen. Man kann die Tiere zwar besuchen, jedoch wird streng darauf geachtet, dass die vorgeschriebenen Pfade nicht verlassen werden.

Das üppige Nahrungsangebot lockt auch Orkas aus dem Atlantik an die Strände von Valdés. Eigens zur Jagd von Pinguinen, Seelöwen und See-Elefanten haben sie eine spezielle Jagdtechnik entwickelt: Die Orkas stürzen sich aus dem Wasser heraus auf den Strand und schnappen sich dort ihre arglosen Opfer. Danach lassen sie sich, mit ihrer Beute im Maul, wieder in die Brandung zurückfallen - ein außergewöhnliches Beispiel für die Anpassung der Jagdtechniken dieser Tiere.

Die Küsten und Gewässer rund um die Halbinsel sind ein besonderer Ort für Meeressäuger. Eine Population der südlichen Glattwale nutzt die geschützten Gewässer zur Paarung und zum Kalben. So ist dort immer eine große Anzahl von Muttertieren mit ihren Jungen anzutreffen.

Auch sonst hat die Halbinsel eine große Vielfalt an Fauna zu bieten. Zahlreiche Vogelarten geben sich ein Stelldichein - die Halbinsel ist Gezeitenzone; Watt und Lagunen sind wichtige Zwischenstation für Zugvögel! An Landsäugetieren kann man große Herden von Guanakos antreffen, die sich auf die ganze Halbinsel verteilen. Auch Maras, die Pampashasen, die mit unseren Meerschweinchen verwandt, aber nur noch selten in Argentinien anzutreffen sind, findet man hier. Und zwischen den Büschen im Gestrüpp lässt sich bei der Durchfahrt auch ab und zu ein Nandu oder auch eine ganze Nandufamilie blicken.

Der einzig bewohnte Ort auf Valdés ist das kleine Dorf Puerto Píramide. Es ist noch nicht besonders touristisch erschlossen, lediglich eine Tankstelle mit Motel und Campingplatz sind zu finden. Von hier aus werden jedoch auch Walbeobachtungen vom Boot aus veranstaltet. Die Boote werden am flachen Strand von einem Traktor in das Wasser geschoben und nach der Beendigung der Tour wieder herausgezogen. Es finden sich hier hauptsächlich Bartenwale, von den Einheimischen Nuevos genannt. Sie kommen in der zweiten Jahreshälfte aus der Antarktis hier her, um sich fortzupflanzen. Die Tiere sind sehr spielfreudig, lieben es, sich den Booten zur Schau zu stellen, unter ihnen hindurch zu tauchen, oder nach einem Prusten und einer Fontäne spektakulär mit ihrer 'Fluite' abzutauchen. So kurzweilig wie dieses 'Whalewatching' habe ich noch selten eine Tierbeobachtung erlebt. Das Foto wurde am 11. November 2009 aufgenommen.

Leider sind die Bestände dieser Tiere in der Folge von Umweltverschmutzung und Überfischung deutlich zurück gegangen. Wie bei vielen bedrohten Tieren könnte es sein, dass auch dieser Riese der Meere in einiger Zeit endgültig abgetaucht sein wird. An die Vernunft des Menschen zu appellieren, alles zu tun, um dies zu vermeiden, wird wohl wie so oft, vom Winde verweht werden, bis es endgültig zu spät ist.

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Humahuaca und der Karneval

Humahuaca, alte Inkastadt in den Anden

Lasst uns der Kämpfe unserer Vorfahren gedenken, in ihnen haben sie unsere Gegenwart geschaffen. Lasst uns unsere Kämpfe der Gegenwart bestehen, in ihnen werden wir unseren Nachkommen eine Zukunft bereiten. Lasst uns dabei feiern und fröhlich sein und unsere Seelen von ihrer Traurigkeit befreien!

Eine Hinweistafel, ein paar Steinhaufen, öde Landschaft. Einzig das Welterbe-Emblem der UNESCO auf dem linken Balken lässt ahnen, dass es 'hinter' dem Bild um mehr geht als nur um eine langweilige Region.

Ganz in der Nähe von San Salvador de Jujuy in der Provinz Jujuy beginnt eine Schlucht, die Quebrada de Humahuaca. Sie verläuft etwa 150 Kilometer nach Norden und dabei steigt die Landschaft auf knapp 3000 Meter Höhe an. In dieser Höhe am Ende der Schlucht liegt eine kleine Stadt, nur scheinbar im Dornröschenschlaf: Humahuaca.

Die "Band" spielt zum Essen auf

Gefurcht hat diese Schlucht der Rio Grande de Jujuy. Entlang des Flusses führen eine Straße und eine Eisenbahnlinie. Mit abnehmender Vegetation treten immer mehr die wundervoll-farbigen Gesteine der umliegenden Berge hervor. Die Straße, welche durch die Schlucht führt, folgt einem uralten Inkapfad, und eben dieser wurde von der UNESCO zum Welterbe erklärt. Dazu gehört auch die Stadt Humahuaca. Sie wurde bereits 1594 gegründet und gab der Schlucht ihren Namen.

Humahuaca ist eine Kleinstadt mit rund 10.000 Einwohnern. Ihr Zentrum im kolonialen Stil ist noch sehr gut erhalten. Enge Gassen, in denen kaum ein Durchkommen mit dem Auto möglich ist, prägen das Bild der Innenstadt. Was man in der abgelegenen Höhe der Anden indes kaum vermuten möchte: Humahuaca ist eine Hochburg des Karnevals! Jedes Jahr im Februar ziehen ausgefallen farbenprächtig kostümierte Umzüge durch die Stadt, an jedem Tag mit einem anderen Motto. Die Einheimischen feiern fröhlich und ausgelassen ihr Fest und offenbar gefällt es auch den vielen Fremden, die zu diesem Anlass erscheinen; der Karneval von Humahuaca ist jedenfalls inzwischen in aller Welt bekannt und somit auch eine Einnahmequelle für die Bewohner der Stadt.

Farbenfrohe Friedhöfe

Aber nicht immer wurde hier so ausgelassen gefeiert. Die düsteren Schatten der Kolonialzeit liegen noch düster über und um die Stadt. Die Inkaroute entlang des Tales besteht schon seit ungefähr 10.000 Jahren und es finden sich noch heute zahlreiche Spuren prähistorischer Siedlungen und Zeichen der Inkakultur. Doch in ihrer jüngeren Geschichte waren es die spanischen Eroberer, die sich in die Seele der Einheimischen tief eingegraben haben. Vor allem hier im Norden Argentiniens wurden die Bewohner in Reservaten eingeschlossen und besonders die Unabhängigkeitskämpfe im 19. und 20. Jahrhundert sind den Bewohnern noch heute schmerzlich gegenwärtig. Äußerlich haben sie sich mit ihrem Leben offenbar arrangiert und besonders der Tourismus sichert ihnen ein einigermaßen erträgliches Einkommen.

Direkt im Zentrum der Stadt befindet sich ein imposantes, riesiges Denkmal, das 'Monumento de la Independencia', das den Unabhängigkeitskämpfen in der Region gewidmet ist. Daneben gibt es viele weitere interessante Relikte aus der Kolonialzeit in näherer Umgebung. Alles in allem also ein lohnendes Reiseziel, wenn man sich für die Geschichte und Kultur der Inka in der Andenregion interessiert.

Ein das Interesse weckendes Ortsschild, Befestigungen aus farbigen Steinen, eine herrliche farbenfrohe Landschaft - wenn sich der Blick erst geweitet hat!

Die Fotos entstanden am 05. Dezember 2009.

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Häuser für die Ewigkeit

La Recoleta - Prominentenfriedhof in Buenos Aires, Argentinien

Im Leben sind wir arm oder reich, im Tode aber alle gleich. Nur dass manche gleicher sind.

Wenn man in Buenos Aires das Exklusive sucht, geht man nach Recoleta. Dieser Bezirk der Stadt liegt nördlich des Zentrums am Río de la Plata und ist eines der teuersten und reichsten Viertel der Stadt.

Ein Franziskanerorden mit Namen 'Convento de Recoletos Descalzos' errichtete zu Beginn des 17. Jahrhunderts eine Kirche und einen Friedhof. Daraus entstand das heutige Zentrum von Recoleta und auch der Name des Ortes.

Vom Zentrum der Hauptstadt bis nach Recoleta ist es heute nur ein Katzensprung, im 19. Jahrhundert war das noch anders, da war man hier noch abgeschirmter. Bei einer großen Epidemie im Jahre 1870 flüchteten viele Bewohner aus der Stadt Buenos Aires und suchten in den umliegenden Orten Schutz. Schon damals kamen die Reichen aus der Oberschicht nach Ricoleta, während die arme Bevolkerung in die südlicheren Stadtteile flüchten mussten. Recoleta liegt auf einer Anhöhe, dort gab es weniger Stechmücken und damit auch weniger Risiko, Cholera oder Gelbfieber zu bekommen. So entstanden hier große Villen und eines der reichsten Zentren Südamerikas im Laufe der Jahre.

Unter den Sehenswürdigkeiten von Ricoleta nimmt, so merkwürdig das scheinen mag, der Friedhof ein. Hier ist die letzte Ruhestätte vieler prominenter Argentinier und ganze Familienclans aus mehreren Generationen sind dort bestattet. Auch das Grabmal der von den Argentiniern ganz besonders verehrten Evita Peron kann man hier besuchen. Es ist für Touristen leicht zu finden, denn man braucht nur zu schauen, wo die größte Menschentraube ist, dort ist auch ihr Grab!

Eng auf eng steht ein Mausoleum neben dem anderen, teils hübsch geschmückt, teils seit Jahren nicht mehr gepflegt, weil die Familien ausgestorben sind. Die Gebäude selbst sind Schmuck, Zierde und manche haben einen Altar im Inneren. Die Gebeine ruhen hingegen unter der Erde und bei vielen Gräbern kann man die Treppen sehen, die nach unten ins Beinhaus führen. Wer sich über die Namen der prominenten Toten etwas näher informieren möchte, dem wird auffallen, dass meistens nur das Sterbedatum angegeben ist, nicht jedoch das Geburtsdatum. Warum dieser Brauch existiert, weiß ich nicht, allerdings ist mir aufgefallen, dass die Argentinier wohl ein ganz besonderes Verhältnis zum Tod haben und ihn mancherorts sogar als Heiligen verehren.

Die Grabhäuser sind in Fluchten angeordnet, gerade so als wären es Straßen, an denen noch Lebende wohnen. Lebendig sind jedenfalls die zahllosen Katzen, die sich mit Beginn der Abenddämmerung am Friedhof einfinden. Es hat sich bei der Bevölkerung die Sitte eingebürgert, hier abends die streunenden Katzen zu füttern, so dass es zu dieser Zeit recht tierisch-lebendig zugeht.

Evita Peron, deren Grab die Mengen magisch anzieht, wurde nur 33 Jahre alt. Sie war Präsidentengattin und First Lady Argentiniens. Sie war selbst politisch aktiv, ohne dass sie je ein politisches Amt bekleidete. Sie starb früh an Krebs. Ihre Lebensgeschichte wurde in dem Musical 'Evita' dargestellt und auch mit Madonna in der Hauptrolle verfilmt. So ist ihre Popularität bis heute ungebrochen.

Am Grab von Evita Peron

Die Bilder entstanden am 8. November 2009.

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Estación del Fin del Mundo - Bis ans Ende der Welt

Haltestelle am Ende der Welt

Im äußersten Süden Argentiniens auf Feuerland liege das Ende der Welt, sagt man. Dort enden alle Straßen irgendwo im Nirgendwo. Doch es gibt eine Eisenbahnstation, die 'Estación del Fin del Mundo'.

Die Eisenbahn, die zu dieser Station hinführt und von ihr wegführt, existiert nur deshalb, weil es früher an diesem Ort ein Gefängnis ab - bis an das Ende der Welt schob man die Unholde ab. Es gab dort beileibe nicht nur Schwerbrecher, auch politische Gefangene mussten ihr Dasein fristen. 

Das Gefängnis existiert heute nicht mehr, es wurde nach Ushuaia verlegt. Ursprünglich aber mussten die Gefangenen ihr Gefängnis selbst bauen und gleich auch noch eine Eisenbahn für den Materialtransport dazu.

Die Geschichte begann 1870, als englische Missionare in das Gebiet eindrangen. Einige Jahre später waren es Seestreitkräfte, die Ushuaia für Argentinien eroberten. 1902 begann der Bau des 'Presidio', des Gefängnisses, das einschliesslich einer Schmalspur-Eisenbahn, bis 1920 fertiggestellt war. 1947 gab es ein schweres Erdbeben und Teile der Strecke wurden unpassierbar. 1994 wurde die Bahn wieder eröffnet und wird seitdem zur Beförderung von Touristen eingesetzt. Es ist eine Schmalspurbahn mit 500 mm Spurweite. Sie führt direkt in den Nationalpark 'Tierra del Fuego', er liegt natürlich auch am Ende der Welt.

Im Jahre 1930 sank ein großes Passagierschiff in unmittelbarer Nähe. Es handelte sich um ein Motorschiff der deutschen Reederei 'Hamburg Süd', die Monte Cervantes, mit einem deutschen Kapitän an Bord. In einer dramatischen Rettungsaktion wurden alle Passagiere gerettet, doch der Kapitän kam ums Leben. Die gesamte Bevölkerung beteiligte sich an den Rettungsaktionen und selbst die Gefangenen gaben die Hälfte ihrer Decken und ihrer Tagesrationen an Nahrung für die Schiffbrüchigen ab.

Nicht nur die Monte Cervantes ist untergegangen. Viele Jahre später wurden auch die gesamten Schiffsunterlagen, die in der Reederei noch verwahrt waren, bei der großen Sturmflut in Hamburg 1992 vernichtet.

Nun also befördert man Touristen mit der Bahn an das Ende der Welt und ich kann Ihnen sagen: Ob damals oder heute, es ist ganz schön was los am Ende der Welt!

Und wenn du bis zum Ende der Welt entfliehst, dir selbst wirst du doch nicht entkommen können.

Die Aufnahmen stammen vom 21.11.2009. Sie zeigen die Stationstafel der Bahnstation vom Ende der Welt sowie eine der eingesetzten Bahnen.


Tortoni und die Unsterblichkeit

Café Tortoni, Buenos Aires, Argentinien - mit Thérèse und Léon

Es gibt offenbar viele Wege, sich unsterblich zu machen, scheinbar unsterblich zumindest. Einer dieser Wege führt übers Eis, über den großen Teich, dann über die Kunst, zur rechten Zeit die rechten Leute am rechten Platz zu haben.

Guiseppe Tortoni, ein italienischer Auswanderer aus Neapel, war 1798 im Alter von 34 Jahren in Frankreich gelandet, vielleicht auch gestrandet. Er hatte seine alte, kranke Mutter dabei, sein nervtötendes Weib und drei schlechterzogene Kinder, so wird berichtet. Er kam mit einem schief-krumm-buckligen Gaul daher, aber immerhin dem einzigen 'Familienmitglied, das mich verstand und meine Träumereien unterstützte', wie er selber sagte. Ja, und ein Päckchen Bargeld hatte er auch noch dabei.

Er traf in Paris einen anderen Neapolitaner, der gerade im italienischen Viertel ein Café eröffnete. Er arbeitete für ihn, bis das Café pleite zu gehen drohte. Dann kaufte er es für einen Apfel und ein Ei, änderte den Namen in Café Tortoni und kreierte einen guten italienischen Nachtisch aus gutem neapolitanischem Eis. Signore Tortoni nannte es ebenfalls Tortoni. Es wurde sofort ein Hit.

Thomas Jefferson kam nach Mount Vernon, dem Landsitz von George Washington in Virginia, viele andere berühmte Leute auch. Sie wollten dort den Geburtstag von George Washington feiern. Jeder brachte, wie es Sitte war, als Geburtstagsgeschenk etwas zu essen mit. Thomas hatte ein 'Tortoni-Eiscrème-Dessert' von jenem verrückten Italiener Tortoni aus Paris dabei, dem neuesten Pariser Schrei aus dem Café Tortoni, wo er kurz zuvor gewesen war!

So war das Fundament zur Unsterblichkeit schon ganz am Anfang gelegt. Die Jahre vergingen, das Tortoni wurde immer berühmter, Schriftsteller, Reisende, und jeder, der etwas von sich hielt oder für etwas gehalten wurde, alle gaben sich die Klinke in die Hand.

Café Tortoni - Gründerzeit

Tortoni wurde 89, das Cafe überlebte noch bis 1893 und wurde dann geschlossen. Doch da gab es längst ein neues Café Tortoni jenseits des großen Teiches in Buenos Aires, Argentinien. Ein französischer Immigrant, Monsieur Touant, hat es 1858 eröffnet und seine Rechnung ging auf: Das Tortoni aus Paris war so berühmt geworden, dass der Name nahtlos auch in Buenos Aires Fuß fasste. Es kam die Zeit des 'Fin du Siècle'. Das Café zog um an seinem heutigen Platz und wurde dort neu in diesem Stil des Dekadentismus eingerichtet. So gut wie alle Neureichen geben sich seither ein Stelldichein im Tortoni, ich natürlich auch. Als wäre das Jahrhundert stehen geblieben, lässt sich die Dekadenz der frühen Jahre noch heute mit der Kamera einfangen.

Bei meinem Besuch im Tortoni am 9. November 2009 waren die Caféhausbesucher eher touristisch und die Caféhauspreise eher astronomisch. Ich fand es trotzdem phantastisch. Einstein war ja auch schon mal da! Und die Clinton, die Hillary. Herr Einstein und Mrs. Clinton.

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Hinter Gittern geborgen

Iguazu-Wasserfälle - Jungvogel unter dem Besuchersteg

Ein ellenlanger Steg, mit durchscheinenden Aluminiumplatten bedeckt, führt hinüber zu den Wasserfällen. Hunderte, wenn nicht abertausende, Touristen passieren täglich diesen Weg, um die Fälle aus der Nähe bewundern zu können. Was die meisten gar nicht mitbekommen: Direkt unter dem Stapfen ihre Tritte und dem Getöse des stürzenden Wassers brüten und schlüpfen Vögel! Sie haben ihre Nester (ich habe nicht nur dieses eine gefunden) direkt unterhalb der Aluminiumplatten gebaut. Offenbar ist die permanente Anwesenheit der Menschen über ihnen ihr bester Schutz gegen ihre natürlichen Feinde, so dass sie das tosende Wasser dafür in Kauf nehmen.

Ein weiteres Foto aus anderer Perspektive macht deutlich, in welcher Umgebung diese Vögel tatsächlich ihre Brut aufziehen.

Iguazu-Wasserfälle - Blick vom Steg auf die Fälle

Die Fotos entstanden am 3. Dezember 2009 an den Iguazu-Wasserfällen in den Urwäldern zwischen Argentinien und Brasilien, und zwar auf der argentinischen Seite. Aber auch von Brasilien aus kann man die Fälle gut beobachten. Egal von welcher Seite aus, es bietet sich dem Betrachter ein überwältigender Anblick auf eines der schönsten Naturschauspiele der Erde. Dass dabei so kleine Begebenheiten wie das Brüten dieses Vogels an einer 'unmöglichen' Stelle in dieses Konzert der Natur mit einstimmt, zeigt mir wieder einmal, mit welcher Harmonie das Leben seine Erscheinungen ausbalanciert.

Damit nicht genug. Der 'gemeine' Mitteleuropäer findet hier ein nie gesehenes Farbenspiel vor. Wer sich die Zeit für einen Urwaldspaziergang nimmt - die Wege sind hier gut präpariert - findet Buntes, Pflanzen und Tiere, ohne Ende. Tausende Schmetterlinge in den schillerndsten Farben, Blüten und Orchideen ohne Ende. Eine Zauberwelt, je zauberhafter, desto mehr man sich ihr innerlich öffnet.

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Wendekreis des Steinbocks

Wendekreis des Steinbocks in der Provinz Jujuy, Argentinien

'Wendekreis des Steinbocks' ist der Titel eines Romans von Henry Miller, nachdem er zuvor bereits einen Roman unter dem Titel 'Wendekreis des Krebses' veröffentlicht hatte.

Die beiden Wendekreise befinden sich etwa in 23° nördlicher bzw. südlicher Breite, im Norden der des Krebses, im Süden der des Steinbocks. Dazwischen befinden sich die Tropen.

Am südlichen Wendekreis, an dem die Sonne am Mittag gerade noch so eben im Zenit steht, ist der Tag der Sommersonnenwende auf der Südhalbkugel. Diese findet am 21. Dezember statt, wenn in Europa gerade Wintersonnenwende ist.

Das vorliegende Foto stammt vom 5. Dezember 2009 und wurde in Jujuy aufgenommen. Die Provinz Jujuy liegt im äußersten Nordwesten von Argentinien. Sie grenzt im Westen an Chile, im Norden an Bolivien und im Süden und im Osten an die Provinz Salta.

Diese Gegend um den Wendekreis wird schon seit Urzeiten von einem Indianerstamm besiedelt, den Omaguaca, die später in das Inkareich eingegliedert wurden. In der Zeit ab 1550 eroberten die Spanier das Gebiet und gründeten ihre eigenen Städte. Spuren alter Festungen und Ansiedlungen sind auch heute noch allenthalben zu finden.

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Vor die Linse gelaufen

Rotfuchs auf Feuerland

Dieser Rotfuchs ist wahrlich kein scheuer Geselle. Ganz ungeniert kreuzt er unvermittelt unsere Wege, natürlich eine willkommene Gelegenheit, ihn mit der Kamera zu 'erlegen'.

Dieses schöne Exemplar ist heute im Nationalpark Feuerland in der Bahia Lapataia an der Grenze von Argentinien zu Chile heimisch, stammt aber nicht von hier. Es gibt hier eigentlich sehr wenige einheimische Säugetierarten. So wurden zum Beispiel die Biber und eben auch die Füchse eingeschleppt. Sie fanden dort ideale Lebensbedingungen ohne natürliche Fressfeinde vor und konnten sich unkontrolliert vermehren. Dies führte zu erheblichen Umweltschäden, vor allem durch die Biber. Inzwischen werden Fuchs und Biber von den Naturschützern streng unter Kontrolle gehalten.

Der Nationalpark schützt ein bergiges, bewaldetes und von Mooren durchzogenes Küstengebiet, zieht sich aber nach Norden bis zum Lago Fagnano hin. Der Südteil, wo unser Fuchs beheimatet ist, ist der bei weitem am meisten besuchte und ist vom nur 12 km entfernten Ushuaia aus über die Nationalstraße 3 zu erreichen.

Die Aufnahme stammt vom 21.11.2009, zu der Zeit ist auf Feuerland spätes Frühjahr.

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