Schädlicher Nützling

Asiatischer Marienkäfer Harmonia axyridis

Unbestritten ist der gesamten Natur eine wunderbare Ordnung immanent. Auch wenn Fressen und Gefressenwerden zum Instrumentarium der natürlichen Ordnung gehört, so balanciert es doch immer nur Gleichgewichte zwischen den Arten aus. Erst der Mensch bringt Unordnung in dieses natürliche Gleichgewicht, indem er unbedacht und willkürlich in die natürlichen Abläufe eingreift, ohne zuvor deren Folgen zu bedenken.

Als ich gestern vom Spaziergang mit den Hunden zu meinem Auto zurückkehrte, war der Wagen übersät mit Hunderten von Marienkäfern! Ähnliches habe ich zwei Jahre zuvor schon gesehen, als ich an eine Feldhütte kam, an und in der Abertausende dieser Tierchen in großen Trauben hingen, lagen, standen und krochen.

Nun ist ja jetzt die Zeit, wo diese Glückskäferchen sich zum Überwintern zusammenrotten, um sich gemeinsam einen Winterplatz zu suchen. Doch bei genauerem Hinsehen merkte ich schnell, dass es sich keinesfalls um eine der bei uns üblichen Marienkäferarten handelte. Diese kommen zwar, was ihre Punktierung und Einfärbung betrifft, in ziemlich vielen verschiedenen Arten vor - "unser" eigentlicher Glücksbringer ist hierbei der 'Siebenpunkt'. Meine Autokäfer jedoch waren etwas größer als die einheimischen Arten und die meisten von ihnen haben genau 19 Punkte und eine ziemlich auffällige, markante Zeichnung an ihrem Kopf. Der Wagen, das war schnell klar, ist von einem asiatischen Käfer überfallen und in Besitz genommen worden!

Harmonia axyridis heißt dieser fernöstliche Marienkäfer und er ist ein ziemlich gefräßiger Zeitgenosse. Genau aus diesem Grund, er sollte die Schädlinge in der Landwirtschaft fressen, hat man ihn ganz bewusst nach Europa importiert. Inzwischen geht er längst auf Beutefang in freier Wildbahn. Dort erweist er sich als höchst anpassungsfähiger Opportunist ohne spezielle Ansprüche an Lebensraum und Nahrung. Hat er erst einmal alle Blattläuse weggefressen, macht er sich hemmungslos über die Larven anderer Nützlinge her, verschmäht auch pflanzliche Kost nicht und frisst schließlich sogar die Larven seiner europäischen Verwandten.

Wo viel Freund zusammenkommt, ist meist auch Feind nicht weit entfernt. Und so fand ich auch den praktisch einzigen Feind des asiatischen Marienkäfers in hiesigen Gefilden, den 'Baumwächter', eine einheimische Baumwanze, auf dem Autodach. Diese Wanze besitzt ein ungewöhnlich langes Mundwerkzeug, das zu einer Art Rüssel ausgeformt ist. Mit ihm kann sie den Käfer aufspießen uns aussaugen.

Natürlich vermag der Baumwächter alleine nichts auszurichten gegen die asiatische Armada, und so ist aus dem vermeintlichen Nützling inzwischen ein Schädling geworden, von dem keiner weiß, welchen Schaden er in Zukunft noch anrichten wird.

Der Baumwächter, Feind des Asiatischen Marienkäfers

Die Aufnahmen habe ich am 27. Oktober 2011 in einem Waldstück bei Alzingen gemacht.