Die Kirche im ewigen Eis

Russisch-orthodoxe Dreifaltigkeitskirche in der Antarktis

Kirchen sind zumeist wunderbares Menschenwerk. Und doch ist mir die gesamte Erde ein glanzvollster Dom des Weltenschöpfers. Ja, so lasst uns Kirchen bauen, wo immer es uns danach drängt auf der Welt. Doch lasst uns aufhören, den Erdendom in seine Bestandteile zu zerlegen. Sonst wird bald auch die großartigste Kirche der Menschheit zu nichts mehr nütze sein!

Wohin man auch immer reist, man wird begleitet von Kirchen der verschiedensten Couleurs und unterschiedlichsten Konfessionen. Eigentlich hatte ich gedacht, dass dies in der Antarktis anders sei. So staunte ich nicht schlecht, als ich auf King George Island plötzlich vor einer Kirche stand. King George Island gehört zu einer Inselgruppe der Südlichen Shetland Inseln in der Antarktis.

Die Kirche hat auch einen Namen und eine wohl einzigartige Geschichte. Es ist  eine russisch-orthodoxe Kirche, die Dreifaltigkeitskirche, die erste orthodoxe Kirche in der Antarktis und damit das südlichste orthodoxe Gotteshaus der Welt. Es hat auch eine einzigartige Entstehungsgeschichte.

Entdeckt wurde die Insel 1819 und 1820 offiziell für Großbritannien in Besitz genommen, daher auch ihr Name 'King George Insel'. In Argentinien nennt man die sie 'Isla 25 de Mayo', das ist der Nationalfeiertag Argentiniens.

1821 strandete ein Walfängerschiff hier; die 'Lord Melville' war zum Überwintern gezwungen und die elf Besatzungsmitglieder waren die ersten Bewohner auf der Insel. Heute befinden sich dort diverse Forschungsstationen, unter anderen die chilenische Frei-Station, die argentinische Jubany-Station und die russische Bellingshausen-Station. Dort, im russischen Teil der Insel, fand ich die Dreifaltigkeitskirche, die sich in der Nähe der Station befindet.

Einen 'Tempel für die Antarktis' wollte Patriarch Alexius II bauen lassen, nachdem es seit 1968 auch eine russische Forschungsstation gab. Aber erst im 21. Jahrhundert wurde das Projekt ernsthaft verfolgt. Es wurde ein Architektenwettbewerb veranstaltet, die Kirche dann vollständig in Russland von Spendengeldern gebaut, dann zerlegt und in die Antarktis verschifft, wo sie am heutigen Platz wieder zusammengesetzt wurde.

2004 wurde die Kirche eingeweiht, es ist das ganze Jahr über ein Priester vor Ort und es finden regelmäßige Messen und sogar Trauungen statt.

Die Kirche liegt auf einer kleinen Anhöhe etwas außerhalb der Station. Von der Landungsstelle aus ist sie mit einem etwa 15-minütigen Fußmarsch zu erreichen.

Innenraum der Dreifaltigkeitskirche

Die Aufnahmen entstanden am 26. November 2009.

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Heulende Sechziger

Mit der 'Professor Multanovskiy' der Antarktis entgegen

Um von der Südspitze Feuerlands zur Nordspitze der antarktischen Halbinsel zu gelangen, führt der Weg unweigerlich durch die Drake Passage. Ihren Namen verdankt diese Durchfahrt dem Weltumsegler Francis Drake, der auf der Suche nach abgetriebenen Schiffen seiner Flotte die Passage entdeckte.

Die Straße ist etwa 700 Seemeilen breit. Da es in dieser Gegend kaum Inseln gibt, kann der Antarktische Zirkumpolarstrom ungehindert hindurchfließen. So kann kein wärmeres Wasser an die antarktische Küste gelangen; der "Kühlschrank Antarktis" bleibt gut verschlossen.

Aber die Winde! Um den Küstensaum des Kontinents kreist eine nie endende Kette aus Tiefdruckwirbeln, die im Schnitt jeden dritten Tag zu einem Sturmtag macht, und aus dem Landesinneren können Fallwinde mit Spitzengeschwindigkeiten von über 300 km/h heran jagen. Das Resultat sind gigantische Ozeanwellen, die von ihnen erzeugt werden. Je weiter südlich man gelangt, desto heftiger sind die Stürme. Zuerst begegnet man den "brüllenden Vierzigern", dann den "rasenden Fünfzigern", bis man schließlich bei den "heulenden Sechzigern" ankommt. Gemeint sind die Breitengrade um die Antarktis. 

So wundert es nicht, dass Seeleute sogar heute noch einen Heidenrespekt vor den zu erwartenden "Höllenritten" haben.

Das Foto stammt von unserer Fahrt durch die Drake Passage mit dem russischen Eisbrecher "Professor Multanovskiy" und wurde am 22.11.2009 aufgenommen. Noch wussten wir zu diesem Zeitpunkt nicht, was uns bevorstehen würde ...

Wie es beim "Rendezvous der Naturgewalten zur Sache geht, sieht man hier.

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