Salzlecken

Salzlecken im Banff Nationalpark, Kanada

Wild braucht Salz zum Ausgleich seines Mineralhaushaltes. Die einen sagen, das sei nicht unbedingt nötig, sondern lediglich ein Luxus für das Wild. Die anderen sagen, es sei lebensnotwendig für die Tiere. Ein wenig könnten wir ja dieser Sache einmal auf den Grund gehen.

Zunächst aber ein Abstecher zu den kanadischen Nationalparks. Auf dem Weg von Banff gelangt man über den Icefields Parkway zum Jasper Nationalpark. Der Icefields Parkway ist eine Panoramastraße, welche direkt durch die spektakuläre Hochgebirgslandschaft der Rocky Mountains führt. Aber nicht nur die Landschaft, auch Flora und Fauna bieten phantastische, und meist völlig unerwartete, Erlebnisse für den Reisenden.

Die Straßen des Parkway sind mit salzhaltigem Schotter unterlegt, aus dem bei Nässe das Salz ausgeschwemmt wird. Wie man sieht, haben die Ziegen dies längst spitzgekriegt und kommen, regelmäßig und oft in riesigen Herden, an den Straßenrand, um dort ihren Salzbedarf zu decken. Die Tiere zeigen dabei keinerlei Scheu vor den vorbeifahrenden Autos. Das müssen sie auch nicht. Die meisten Fahrer sind so überrascht, dass sie spontan direkt auf der Straße anhalten, um dem Treiben der Ziegen zuzusehen. Die Fahrzeuge auf der Straße stehen also nicht etwa in einem Stau; wer das Schauspiel kennt und es eilig hat, fährt einfach an den haltenden Fahrzeugen vorbei, die Straßen sind in der Regel breit genug.

Wofür benötigt nun das Wild sein Salz und warum holt es sich dieses direkt von salzigen Steinen? Alle Tiere benötigen Salz, doch das Wild ernährt sich von Pflanzen und Pflanzen können ihren Salzbedarf nicht decken, so dass sie gezwungen sind andere Quellen zu finden. Tiere, die Aas und Fleisch fressen, haben dieses Problem nicht, denn deren Nahrungsquelle enthält ausreichend hohe Konzentrationen an Salz.

In Europa baut man spezielle Salzlecken für das Wild auf. Salzlecken sind künstlich vorbereitete Stelle, an denen die Tiere ihren Salzbedarf lecken können. Doch ganz gleich ob bei uns, im afrikanischen Urwald oder in der kanadischen Wildnis, Salzlecken werden von jeder Wildart geradezu gierig angenommen, ganz gleich, ob es sich um unsere Rehe, um Waldelefanten, um Wapitis oder um sonstige Grasfresser handelt. Kilometerweit zieht das Wild zu den Stellen, wo es Salz gibt.

Besonders groß ist das Bedürfnis zur Salzaufnahme während des Haarwechsels, weil die dadurch besonders beanspruchten Stoffwechselvorgänge einen erhöhten Natriumbedarf erfordern. Und egal ob Rottier, Muffelschaf oder Rehgeiß - wenn sie im Frühsommer manchmal eine halbe Stunde lang an der Salzlecke stehen, dann nur, weil der Körper nach einem Ersatz für das Salz verlangt, das in großen Mengen mit der Muttermilch abgegeben wurde. Zumindest von Hausrindern ist bekannt, dass ihre Milchleistung rapide absinkt, sobald ihre Körperreserven an Natrium erschöpft ist. Wenn dies auch bei Wild zutrifft, ist natürlich ohne Salz auch das Jungwild direkt in seinem Überleben gefährdet!

Die Leckereien auf dem Foto stammen vom 3. August 2008.

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