Eine selige Stadt

Seligenstadt am Marktplatz

Liebe geht durch den Magen. Und Pfannkuchen können selig machen.

Es gibt bekannte Namen in der Geschichte, die an Orten immer wieder auftauchen, wo man sie am wenigsten vermutet hätte. Es scheint, als wären sie darauf erpicht gewesen, der Geschichte nicht nur in der Zeit, sondern auch im Raum ihre Spuren einzuprägen. In diesem Fall ist die Rede von Karl dem Großen, über den ich im Zusammenhang mit dem Aachener Dom schon einiges erzählt habe.

Hier hin, in ein altes römisches Kaff namens „Mulinheim Superior“, Obermühlheim, soll Einhard, der Biograf Karls des Großen, zusammen mit dessen Tochter Emma geflüchtet sein. Die Sage will es, dass Karl auf einer Durchreise, an dem unvergleichlichen Duft eines Pfannkuchens seine Tochter wiedererkannte und daraufhin den Aussprach tat: „So sei denn diese Stadt selig genannt, da ich hier meine Tochter wieder fand!“

Der heutige Besucher findet ein kleines Städtchen mit idyllischem mittelalterlichem Stadtkern vor, direkt an einer Mainschleife gelegen, an der mitten durch den Fluss die Grenze zwischen Hessen und Bayern verläuft. Eine Fähre verbindet die beiden Ufer. Für eine Brücke zwischen den beiden Ländern hat es, wohl aus Kostengründen, nie gereicht. So bleibt es demnach der Fähre vorbehalten, alljährlich hohe Verluste einzufahren.

Ein Spaziergang durch die engen Gässchen Seligenstadts vermittelt einen Hauch von Mittelalter, kleine alte schräge Fachwerkhäuschen mit niedlichen Blickfängen an den Fensterchen, ein Marktplatz, um den der Verkehr im Kreis herum und an den marktfreien Tagen auch mal quer über den Platz geführt werden darf. Da ist es angebracht, sich einen der wenigen Parkplätze zu suchen und zu Fuß durch den Ortskern zu schlendern, die wuchtige Einhard-Basilika zu besuchen, durch das Steinheimer Turmtor im Steinheimer Torturm zu schlendern, um sich danach die Muße zu gönnen, am Mainufer entlang die vorbeifahrenden Schifferinnen zu grüßen.

Wer hierher mit der Hektik seines Alltagslebens angereist ist, dem wird der Stress abfallen wie das Kleid der Magd im mittelalterlichen Schlafgemach, als der mittelalterliche Jüngling eintrat – so wird der Reisende mit einer seligen Ruhe wieder in seine Stadt nach Hause kehren.

Also immer schön die Ruhe bewahren, wenn das nicht mehr geht, nach Seligenstadt fahren! 

Das Foto wurde an einem marktfreien Freitag, am 21. Dezember 2007, aufgenommen.

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