Schneller als die Müllabfuhr

Elm Street, Toronto - Morgens halb sechs

Man muss sich schon sputen am frühen Morgen und wer zuerst kommt, der mahlt auch zuerst! Wenn man beim ersten Morgenlicht, solange der Verkehr noch schläft und die Verkehrsteilnehmer mit ihnen, einen Wach-auf-Spaziergang durch die Straßen Torontos macht, sind schon viele fleißige "Streetworker" unterwegs. Sie stauben ab, was die vergangene Nacht an Verborgenem enthüllt; die Vögel der Großstadt nähren sich am reich gedeckten Tisch, besser: auf dem Straßenbelag. Sie können es sich leisten, dabei in aller Ruhe mitten auf den Straßen ihrer Sammel- und Fressleidenschaft nachzugehen.

Überhaupt fällt auf, dass Toronto eine sehr saubere Stadt ist, etwas ungewohnt, dieser Eindruck, bei einer Riesenmetropole von zwei und ein halb Millionen Einwohnern allein in der Stadt selbst. Und erstaunlich, weil noch dazu ein gewaltiger Prozentsatz der Bewohner aus Immigranten der unterschiedlichsten Nationen besteht.

In Toronto sind Müllentsorgung und -Recycling ein Gemeinschaftsanliegen aller Einwohner, und, wie man sieht, selbst die fliegenden Bewohner scheinen sich dem anzuschließen.

Die Ordnungsliebe der Torontoer Bürger hat wohl, so vermute ich mal, mit den unglückseligen Ereignissen des Jahres 2003 zu tun, welche alle in einem einzigen Jahr über die Stadt hereingebrochen waren.

Zuerst kam der Ausbruch der SARS-Epidemie innerhalb der chinesischen Bevölkerung. Dann schlich sich ein todbringender Virus ein, der West Nile Virus, der von Mücken übertragen wird. Es folgte ein zweiter SARS-Ausbruch und dann der berüchtigte Blackout; ein Stromausfall legte die gesamte nordamerikanische Ostküste tagelang lahm. Dazu blieben die Touristen aus, weil sie zur damaligen Zeit Angst vor Terroranschlägen hatten. Obendrein streikte im Sommer die Müllabfuhr bei 30° C und einer ziemlich hohen Luftfeuchtigkeit. Mindestens auf den Fischmärkten verging da vielen Leuten endgültig das Lachen!

Ich denke, jenes Jahr war ein Schock für Toronto, aus dem man umfangreiche Lehren gezogen hat. Die Stadt ist inzwischen so sauber, dass auch dies schon wieder kuriose Folgen hat.

In Toronto befindet sich inzwischen die drittgrößte Filmindustrie ganz Nordamerikas, was den herrlichen Kulissen der Stadt zu verdanken ist. Aber es gibt ein kleines Problem, und das ist der fehlende Müll! Toronto ist so sauber, dass extra Müll herbeigeschafft und methodisch in den Gassen und Straßen verteilt werden muss, damit die Schauplätze als 'echt amerikanisch' durchgehen. Und manchmal kommt es vor, dass man nach Stunden harter 'Dekorationsarbeit' für die Dreharbeiten des nächsten Tages nach Hause geht und morgens einen blitzblanken Drehort vorfindet, weil ein eifriger Angestellter der Stadtreinigung den Müll entdeckt und pflichtbewusst entfernt hat. Aber auch Scharen von Vögeln dürften bei der Entsorgung wieder mitgeholfen haben.

Das Foto stammt von der Elm Street, einer der ansonsten verkehrsreichsten Straßen der Stadt, und wurde am 26. Juni 2011aufgenommen.

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